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Denkfehler, die uns Glück kosten

Wir Menschen sind kuriose Wesen: Alles ordnen wir der Karriere unter, die Wirtschaft spielt in unserer Gesellschaft eine wichtige Rolle. Dabei können wir kaum etwas so schlecht wie vernünftig zu wirtschaften. Über Denkfehler, die uns teuer zu stehen kommen

Gerade in Deutschland gilt es als Tugend sparsam zu leben. Angela Merkel zitiert beispielsweise gerne die schwäbische Hausfrau als Inbegriff der Sparsamkeit. In kaum einem Land gibt es so viele Discount-Supermärkte wie hierzulande – ein weiterer Ausdruck unseres vermeintlich vernünftigen Wirtschaftens. Doch wie ist es wirklich um unsere Fähigkeit bestellt, vernünftig mit unserem Einkommen umzugehen? Die folgenden vier Punkte zeigen, wie irrational wir uns verhalten:

Die Prospect Theorie

Für viele mag es überraschend klingen: Der einzige Psychologe, der bisher einen Nobelpreis verliehen bekommen hat, ist ein Wirtschaftspsychologe. Daniel Kahneman wurde für seine Forschungen zur sogenannten Prospect Theorie ausgezeichnet [1]. In ihrer Gesamtheit ist diese Theorie sehr komplex und würde den Rahmen dieses Blogs sprengen. Vereinfacht lässt sich jedoch sagen, dass die Theorie schwerwiegende Verstöße gegen die Annahmen, Menschen würden rational mit Geld umgehen, aufzeigt. Konkret beschreibt sie, dass Menschen vom Betrag her gleiche Gewinne und Verluste emotional unterschiedlich stark bewerten. Wenn beispielsweise der Gewinn von 10 Euro einem emotionalen Gewinn von 1 gleichkommt, bedeutet der Verlust von 10 Euro einen emotionalen Schaden von -1,5; in Verlust- und Gewinnsituationen verhalten wir uns folglich grundlegend anders. Eine Folge dieser Forschung ist, dass Menschen in Verlustsituationen größere Risiken einzugehen bereit sind. Ein Experiment verdeutlich dieses Verhalten: Einer Gruppe von Studienteilnehmern wurde ein Szenario beschrieben, in dem sie 10 Euro geschenkt bekommen. In der Folge stand ihnen die Möglichkeit offen, in einem Glücksspiel die 10 Euro zu vermehren (oder alles zu verlieren). Eine andere Gruppe erhielt das Szenario, dass sie 10 Euro verlieren, ihren Verlust jedoch in einem Glücksspiel wettmachen könne (oder ihren Verlust verdoppelt). Während sich die erste Gruppe größtenteils gegen das Glücksspiel entschied, stimmte die zweite Gruppe dem mehrheitlich zu. Durch das Verlust-Szenario war die zweite Gruppe risikobereiter. Es ist daher ratsam, in Verlustsituationen innezuhalten und sich zu überlegen, ob eine riskante Entscheidung tatsächlich vernünftig ist und man sich auch so entscheiden würde, handelte es sich um einen Gewinn.

Der Besitzer-Effekt

Was man besitzt, ist einem heilig – so ließe sich dieser Effekt zusammenfassen. In dem Moment, in dem ein Gegenstand in unseren Besitz übergeht, steigt der subjektive Wert sofort an. Angenommen Sie würden eine Tasse für 5 Euro kaufen; nach einer Woche würde Ihnen jemand diese Tasse abkaufen wollen. Laut dieses Effekts würden Sie einen höheren Betrag für die Tasse verlangen. Genau dies konnte in einem Experiment nachgewiesen werden [2]. Wir bauen eine emotionale Verbindung auf, die es uns erschwert, mit klarem Verstand auf unseren Besitz zu schauen. Wenn Sie das nächste Mal Ihre alten CDs auf einem Flohmarkt verkaufen möchten, denken Sie dran: Eine fremde Person findet Ihre Benjamin-Blümchen-CDs wahrscheinlich nicht so wertvoll wie Sie.

Mentale Buchhaltung

Um möglichst vernünftig mit dem zur Verfügung stehenden Einkommen umzugehen, neigen viele Menschen dazu, ein bestimmtes Budget für bestimmte Posten bereitzuhalten. Beispiele dafür sind, dass man jeden Monat einen bestimmten Betrag für Lebensmittel oder Körperpflegeprodukte einplant. So sinnvoll dieses Verfahren auch sein mag, um einen Überblick über die Finanzen zu behalten, so irrational ist es doch. Wieso sollten Sie nicht von einem sagenhaft guten Angebot eines Waschmittels profitieren, nur weil für diesen Monat das Budget bereits aufgebraucht ist? Und wieso nicht ein zweites Mal in diesem Jahr in den Urlaub verreisen, wenn Sie über ein verboten gutes Angebot stolpern, obwohl das Budget eigentlich schon aufgebraucht ist? Das Schlüsselwort ist eigentlich: Schließlich ist das Budget de facto nicht aufgebraucht, sondern Sie haben lediglich Töpfe in Ihrem Kopf, wie viel wofür auszugeben ist. Mit ein bisschen Flexibilität lässt sich sicher eine Lösung finden, wie trotzdem die Reise oder das Waschmittel finanziert werden kann, auch wenn der Reise- oder Waschmittel-Topf bereits leer sind. Das Fazit: Auch wenn es sinnvoll ist, einen Plan über die eigenen Ausgaben zu haben, sollte dennoch flexibel auf sich ändernde Situationen reagiert werden können [3].

Wohlstandsspirale

Doch der schwerwiegendste Verstoß ist die Annahme, dass Reichtum glücklich macht. Unser gesamtes Wirtschaftssystem beruht auf der Annahme, dass es vernünftig ist, hart zu arbeiten und die nächste Stufe auf der Karriereleiter zu erklimmen. Denn ein höheres Gehalt in der nächsthöheren Position winkt und dieses höhere Gehalt macht glücklich. Doch leider bestätigen dutzende Studien, dass Reichtum per se nicht glücklich macht [4]. Oftmals ist sogar das Gegenteil der Fall: Im ewigen Bestreben nach mehr Karriere und Wohlstand bleiben die wahren Freuden des Lebens auf der Strecke. Doch ganz von der Hand zu weisen ist nicht, dass Wohlstand einem Freude bereiten kann, und natürlich stimmt es, dass Personen nach einer Beförderung durchaus glücklich sind. Das Problem ist: Dieses Glück hält nur kurze Zeit an, bald muss eine weitere Beförderung mit einem weiteren Gehaltssprung her. So entsteht eine Wohlstandsspirale: Da mehr Wohlstand nur kurzfristig glücklich macht, sind wir permanent nach mehr bestrebt. Wenn wir verstehen, dass Reichtum uns wirklich nicht glücklich macht, kann uns vom Zwang befreien, unser Leben der Karriere oder dem Streben nach Reichtum unterzuordnen. Natürlich ist damit nicht gesagt, dass Karriere an sich etwas Negatives ist (über die positiven Aspekte eines anspruchsvollen Jobs berichteten wir letzte Woche). Wenn man seinen Beruf liebt und er einem Spaß macht, ist die Arbeit keine Pflicht, sondern ein Vergnügen.

Sie sehen, unser Gehirn ist nicht immer optimal an die Umwelt angepasst. Daher helfen Tipps, das vernünftige Wirtschaften zu erleichtern, daher kann Meditation helfen, dem Stress des Alltags zu entkommen, und daher kann Gehirntraining helfen, den Anforderungen in Beruf, Studium und Alltag gerecht zu werden. Wir selbst haben es in der Hand, unser Gehirn an die Anforderungen des 21. Jahrhunderts anzupassen.

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Quellen:

1: Kahneman, D., & Tversky, A. (1979). Prospect Theory: An Analysis of Decision under Risk. Econometrica, 47(2), 263-291.

2: Kahneman, D., Knetsch, J. L., & Thaler, R. H. (1990). Experimental Tests of the Endowment Effect and the Coase Theorem. Journal of Political Economy, 98, 1325-1335.

3: Thaler, R. (1985). Mental Accounting and Consumer Choice. Marketing Science, 4(3), 199-214.

4: Boyce, C. J., Brown, G. D. A., & Moore, S. C. (2010). Money and Happiness: Rank of income, not income, affects life satisfaction. Psychological Science, 21(4), 471-475.

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